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Ende Gelände

Christel Kiesel de Miranda

"Ende Gelände" © Christel Kiesel de Miranda, Masterarbeit, 2019
Die Kollektion besteht aus 3 Einzelarbeiten: i i follow
Stahl (lackiert), Kabelbinder

Stiebsdorf Blau
Digitalprint Seidenchiffon

Konglomerat L
diverse Materialien
aus dem Tagebau Schlabendorf-Süd mit Gips

»Mein Nachbar stammt aus einem verschwundenen Nachbardorf. Er, als Opa meiner Spielkameradin, hat mir als Kind einmal seine
zwei einzigen Fotos von sich als Kind auf der Dorfstraße gezeigt - sowie man als Kind sein eigenes ›Ich‹ als Stunde Null der Weltgeschichte
wahrnimmt, fiel es mir schwer, mir ein Dorf dort vorzustellen, wo ich nur die Grube kannte. Ich malte mir Bilder und Geschichten aus, um mir seine Erinnerungen vorzustellen. Heute ist das Stückchen Wüste des Tagebaurestloches von einem 226 ha großen See verschluckt.
Das Wasser ist tot, der PH-Wert zu sauer, Baden verboten, man wartet auf die Rückkehr von Leben. ›In 10 Jahren‹ kannst du dort baden, haben sie gesagt, ›In 10 Jahren...‹ sagen sie auch heute noch. Immer wenn man glaubt, die Überschaubarkeit dieser Zeitangabe greifen zu können, vergeht ein neues Jahrzehnt zwischen der Generation meines Nachbarn und mir.
Der See um den man rumfahren, aber nicht hineingehen darf, ruht, schwarz vor Tiefe, wie ein Mahnmal zwischen den von Vergesslichkeit
bedrohten Erinnerungen meines Nachbarn und meinen Fantasien.«

Christel Kiesel de Miranda
Unter der Maxime Ende Gelände sammeln sich mehrere Großaktionen zivilen Ungehorsams der Kohleausstiegsbewegung für den Klimaschutz. Mit Ende Gelände wird nichts anderes gesagt, als dass „nichts mehr geht“. In der von Braunkohlegruben gezeichneten Landschaft zeigt sich ein Bild der Verwüstung, entsiedelte Gebiete, die brandenburgische Kiefermonokultur, unterbrochen von dystopischen Mondlandschaften. Nach dem Kohleabbau wurden die gigantischen Restlöcher geflutet. Für jeden See stehen mehrere verschwundene Dörfer. Die Region hat ihre Zeit hinter sich: Ende Gelände.
Ende Gelände ist eine skulpturale Kollektion, bestehend aus Vorhang, Bodenarbeit und mehreren Geländeobjekten, die auf den vagen Raum einer Landschaft verweisen. Die Untersuchung der Bergbaufolgelandschaft, der eigenen Heimat mit der Distanz einer persönlichen Abwesenheit von zwölf Jahren wird in der Installation kontextualisiert. Die Künstlerin macht einen gedanklichen Spaziergang durch die sterbenden Dörfer, gezeigt wird ein Stolpern über ein Stück Erdgeschichte in Beziehung mit dem menschlichen Fortschritt und damit einhergehenden Verlusten. Erdgeschichte in Beziehung mit dem menschlichen Fortschritt und damit einhergehenden Verlusten.
Under the maxim Ende Gelände, several major actions of civil disobedience of the coal phase-out movement for climate protection accumulate. With Ende Gelände nothing else is said, but that “nothing more goes”. In the landscape filled with brown coal mines, a picture of devastation, evacuated areas, the Brandenburg pine monoculture, interrupted by dystopian lunar landscapes can be seen. After the coal mining, the gigantic remaining holes
were flooded. For each lake there are several disappeared villages. The region has its time behind it: Ende Gelände.
Ende Gelände is a sculptural collection consisting of curtain, floor work and several terrain objects which refer to the vague space of a landscape. The examination of the post-mining landscape, the own homeland with the distance of a personal absence of twelve years is contextualized in the installation. The artist takes a mental walk through the dying villages, shown is a stumbling over a piece of earth's history in relation to human progress and the associated losses.
Christel Kiesel de Miranda
* 1987 in Niederlausitz / Brandenburg, DE
Kiesel de Miranda kontextualisiert die Verbindung zwischen künstlerischer Praxis und themtischen Konfrontationen, denen wir gegenüberstehen. Fasziniert von der Poesie, des Alltags, verweist sie auf alltägliche Selbstverständlichkeiten, die meist unsichtbar scheinen. Der Prozess der Verkörperung mit dem Fokus auf Materialität, Körperlichkeit und Emotionen in Beziehung uzm Raum beschreibt ihr Schaffen. Die Arbeit " Ende Gelände" wurde im Rahmen von BestOff 2019 gezeigt.
skulpturale Rauminstallation, Masterarbeit, 2019
Plastische Konzeptionen / Keramik
"i i follow" © Christel Kiesel de Miranda, Masterarbeit, 2019