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Gudrun Ratzinger

Geschichte in den Raum stellen. Museografische Reflexionen im Werk von Marcel Broodthaers, Walid Raad und Mariana Castillo Deball.

Abschluss des PhD-Programms / End of the PhD-Program​: November 2023

Betreuung / Supervision:
Karin Harrasser

Innerhalb der zeitgenössischen Kunst nimmt die Beschäftigung mit vergangenen Ereignissen eine zentrale Stellung ein, was zahlreiche kunsthistorische Untersuchungen der vergangenen Jahre belegen. Im Zentrum des PhD-Projekts Geschichtsdinge – Museale Gesten des Zeigens in der Gegenwartskunst stehen drei künstlerische Positionen: Decor. A Conquest by Marcel Broodthaers (1975), The Atlas Group by Walid Raad (1999-2004ff.) und Mariana Castillo Deballs Parergon (2014). Allen drei Positionen ist gemein, dass sie Geschichte mit musealen Darstellungsformen ausstellen, jedoch ohne dabei den zentralen Spielregeln des kulturhistorischen Museums wie etwa der Authentizität der Exponate, Faktentreue oder einer nachvollziehbaren zeitlichen Einordnung zu folgen. Unter dem Begriff „Geschichte“ ist sowohl die historiographische Darstellung von Geschichte als auch der Sachverhalt Geschichte als zeitliche Abfolge von Ereignissen zu verstehen.
Der Untersuchungsschwerpunkt von Geschichtsdinge – Museale Gesten des Zeigens in der Gegenwartskunst liegt auf dem Aspekt des Zeigens und damit verbunden auf jenen Funktionen von Kunstwerken und Dingen, durch die Geschichte erzeugt wird. Der Fokus auf Ausstellungszusammenhänge und Präsentationsweisen erlaubt es, die gezeigten Gegenstände als „Geschichtsdinge“ zu begreifen, die denselben realen wie imaginären Raum bevölkern, wie tatsächliche historische Zeugnisse. 
Die Auswahl der Werke umspannt vier Jahrzehnte. Dies ermöglicht eine diachrone Untersuchung der angewandten künstlerischen Strategien. Zusätzlich soll dadurch auch der generelle Wandel in den Umgangsweisen mit Dingen und Informationen sichtbar werden, der in diesem Zeitraum aufgrund der zunehmenden Digitalisierung stattgefunden hat. In weiterer Folge lassen die aus der Untersuchung von Werken zeitgenössischer Kunst gewonnenen Erkenntnisse Rückschlüsse auf die prinzipiellen Möglichkeiten und Beschränkungen von Geschichtsdarstellungen im Museum zu.

Abbildung:
Atlas Group, Walid Raad: My Neck is Thinner than a Hair: Engines, 2000–3 © Atlas Group and Walid Raad, courtesy of Anthony Reynolds Gallery, www.tate.org.uk/art/artworks/atlas-group-raad-my-neck-is-thinner-than-a-hair-engines-t11912