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FILMSCREENING

VISTA MARE

8. und 9. August 2023 Locarno, Schweiz

Der Dokumentarfilm VISTA MARE von Julia Gutweniger, Absolventin der Malerei & Grafik und Florian Kofler, Absolvent der Zeitbasierten Medien, feiert kommende Woche beim Filmfestival Locarno Weltpremiere.

VISTA MARE
Julia Gutweniger & Florian Kofler, AUT/IT, 2023, 80'
 
Screenings:
8.8.2023, 11.00 Uhr, La Sala
9.8.2023, 9.00 Uhr, Palacinema 1
Noch ist der Strand leer, noch ist die Sicht aufs Meer ungestört. Noch stehen leere Geisterstädte am Ufer im Nebel des Winters. Aber bald schon wachen die Orte auf: Traktore und Lieferwagen fahren auf den Strand; in einem Lagerhaus testet ein Mann das automatische Öffnen eines Sonnenschirms. Bald schon stehen sie in Reih und Glied, zehn, zwanzig Reihen hintereinander, Kilometer um Kilometer am Meeresufer, bereit für das Strandballett des Sommers. "Vista Mare" zeigt die seit Jahrzehnten ausgeklügelte Choreographie einer Sommersaison in den grossen Seebädern der italienischen Adriaküste. Für den perfekten Ferientraum arbeiten Tausende aus unzähligen Nationen rund um die Uhr, kochen in den Hotelgrossküchen, vermieten Strandplätze, bringen verlorengegangene Kinder wieder zu den Eltern.

Die Kamera ist distanziert ironisch und fängt skurrile Szenen ein: Ein junger Mann duscht Kindern und Erwachsenen die Füsse ab und weist sie ein: "Go links! Go rechts!". Wohin, das sehen wir nicht. Urlauber:innen bilden eine gesichtslose Masse, die die Strände und das seichte Meer füllt, überfüllt. Der Film konzentriert sich auf diejenigen, die diese Ferienindustrie am Laufen halten – für zu wenig Geld und Freizeit, wie wir in einer Episode sehen: Ein Demonstrationszug zieht durch eins dieser künstlichen Urlaubsparadiese, mit Transparenten und Sprechchören: "Wir sind keine Sklaven!". Die Choreographie läuft trotzdem weiter. Bis die Strände sich wieder leeren, das Ballett der Sonnenschirme abgebaut wird, die Liegestühle zu haushohen Stapeln in Lagerhallen verstaut sind. Bis im Herbst die Sicht aufs Meer wieder ungestört ist.

Brigitte Häring

Julia Gutweniger vertritt derzeit Monika Pichler während ihres Sabbatticals in der Siebdruckwerkstatt der Malerei & Grafik an der Kunstuniversität Linz.
 
www.semainedelacritique.ch/2023/vistamare.html

© Julia Gutweniger und Florian Kofler